Pilzkundliches Lexikon

Ewald Kajan
Einhorn-Verlag, 1988
ISBN 3-921703-85-9

Vorwort

Die Mykologie als eine der jüngsten Disziplinen der wissenschaftlichen Biologie hat in den beiden vergangenen Jahrzehnten eine außerordentliche Popularität erfahren. Einer tiefergreifenden Popularisierung steht jedoch u.a. eine schier unübersehbare Ansammlung von Fachausdrücken, eine ausufernde Spezialsprache entgegen, derer sich die Autoren von Aufsätzen, Abhandlungen und Büchern ohne viel Rücksicht auf den Leser bedienen und die auch in Referaten, Diskussionen und Symposien rigoros angewandt wird. Sie basiert auf altgriechischen und lateinischen Sprachelementen, nimmt aber ständig auch solche aus rezenten Sprachen auf und wird durch nicht endende Neuschöpfungen und Neukombinationen immer weniger überschaubar. Wer dauerndes umständliches Suchen und Fragen, wer so manche Frustration vermeiden möchte, der kann ohne ein entsprechendes Wörterbuch, ohne ein pilzkundliches Lexikon nicht mehr auskommen.

Zwar hat es im deutschsprachigen Raum schon gute Ansätze in diese Richtung gegeben, aber das kleine Büchlein von Lörtscher (1949) ist längst vergriffen und das "Lexikon in 8 Sprachen" von Berger (1980), welches immerhin 3200 Begriffe enthält, ist ein reines Übersetzungsbuch, bietet also weder Erklärungen, noch geht es auf das biologische und publikationstechnische Umfeld der Mykologie ein. Eine gewisse Hilfe waren und sind die Bände 1-6 des "Handbuch für Pilzfreunde" (Michael-Hennig-Kreisel) sowie die "Grundzüge eines natürlichen Systems der Pilze" (Kreisel, 1969), welches leider keine zweite Auflage erlebte.

Aus eigener leidvoller Erfahrung und weil Pilzfreunde und Kollegen immer wieder das fehlen eines umfassenden Nachschlagwerkes beklagten, entschloß sich der Autor nun dazu, selbst ein solches zusammenzustellen und es den Interessierten in Buchform zugänglich zu machen, obwohl die Problematik eines solchen Unterfangens von Anfang an klar war: Sie beginnt schon bei der Auswahl der Taxa und Begriffe, die für wert befunden wurden, in das Lexikon aufgenommen zu werden. Besonders in Jüngster Zeit häufen sich die Um- und Rückbenennungen, Synonymisierungen, werden Arten, Gattungen "gesplittet" und wieder "gelumpt", was es fast unmöglich macht, den jeweils aktuellen Stand zu erfassen und eine Zeitlang zu konservieren. Und sicherlich wird auch die zuweilen wohl subjektive Auffassung des Autors und seiner Berater bei der inhaltlichen Fassung der Fachbegriffe nicht immer die ungeteilte Zustimmung des Benutzers finden, was wohl auch für von anderen Autoren übernommene Definitionen gilt.

Trotzdem, so meine ich, überwiegen für den Benutzer die Vorteile, und so stellt das vorliegende Lexikon nun über 12000 alphabetisch geordnetet Wörter und Begriffe aus der wissentschaftlichen wie poulären und angewandten Pilzkunde und ihres biologischen Umfeldes dar, so aus der Allgemeinen Pilzkunde, aus den Fachgebieten der Anatomie, Morphologie, Physiologie, Soziologie, Ökologie inklusive Geologie, Bodenkunde und Klimatologie, ebenso wie aus Chorologie, Chemie, Phytopathologie und Humanbiologie, soweit sie die Mykologie tangieren, ferner aus Taxonomie, Nomenklatur, Genetik sowie wichtige Begriffe aus Botanik, Floristik, Zoologie, nicht zuletzt aus der Pilzzucht. In bescheidenem Maße wird auch auf Autoren und Mykologen besonders unseres Jahrhunderts und des mitteleuropäischen Raumes hingewiesen, soweit diese vor allem durch allgemeinverständliche Publikationen bekannt wurden oder ihnen ein Taxon gewidmet wurde.

Das Lexikon soll als Nachschlagewerk für die vielen Pilzfreunde, Kartierer, Mitglieder floristisch oder thematisch interessierten mykologischen Arbeitsgemeinschaften dienen, ebenso für Pilzfachleute, Mykologen, Apotheker, Forstleute, Biologen und natürlich allgemein für Dozenten, Lehrer, Studenten und Schüler, weshalb es auch in Instituten und Bibliotheken nicht fehlen sollte. Darüber hinaus soll das Buch helfen, immer wiederkehrende rhetorische oder publizistische Begriffe, Methoden und Techniken verständlich zu machen und also gewissermaßen einen Blick in die Werkstatt des Autors und Publizisten zu ermöglichen.

Die aufgeführten Wörter und Begriffe sind in erster Linie nur im geschilderten Umfeld wichtig, und bei mehrdeutigen werden in der Regel nur diejenigen Sachworterklärungen gegeben, welche die Mykologie bzw. allgemein die Biologie betreffen. Da es sich um ein reines Gebrauchsbuch handelt, wird auf etymologische Hinweise verzichtet.

Der Autor beabsichtigt nicht, sich an der teils konträren Diskussion über Forschungsergebnisse und die Fachsprache zu beteiligen; vielmehr geht sein Bemühen dahin, die wichtigsten Begriffe in teils vereinfachter bis stark vereinfachter Definition einem größeren Leserkreis zugänglich zu machen. Das Lexikon ersetzt also keineswegs das Studium weiterführender Literatur, sondern will eine Art Hilfe für den Einstieg und das Verständnis mykologischer Schriften sein.

Es ist mir ein Bedürfnis, den Herren H. Adam/Borken, W. Albrecht/Ludwigsburg, J. Heister/Krefeld, H. Schwöbel/Pfinztal und J. Stangl/Augsburg für wertvolle Hinweise und Literaturbeschaffungen herzlichen Dank zu sagen. Mein besonderer Dank gilt den Herren H. Zielinski/Duisburg für umfangreiche Registrierarbeiten, L. Quecke/Dinslaken für die Lektur des Manuskriptes, G. J. Krieglsteiner/Durlangen für kritische Durchsicht und stellenweise intensive Überarbeitung des Manuskriptes. Dem Einhorn-Verlag Schwäbisch Gmünd sei für die freundliche Drucklegung gedankt. Einige Unbekannte, die ebenfalls zum Gelingen der Arbeit beigetragen haben, möchte ich gleichfalls in meinen Dank einschließen. Möge das Buch seinen ihm zugedachten Zweck erfüllen.

Duisburg, im Dezember 1987
Ewald Kajan

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